Rhein-Zeitung über "Die Siedler Francos"




                                         

Deutsche Dokumentarfilmer bringen Licht in dunkle Epoche Spaniens

Historie: Entwicklung eines faschistischen Musterdorfs untersucht – Bürger zur
Finanzierung des fast abgeschlossenen Projekts aufgerufen


Von unserem Redakteur Frank Blum (30.05.2012)

Berlin. Man stelle sich folgendes Szenario vor: Ein Engländer fährt durch Deutschland und bemerkt ein Ortsschild, das die Aufschrift „Ebene des Führers“ trägt. Unglaube und vielleicht auch Zorn würden rasch der ersten Verblüffung Platz machen. Ein fiktives Szenario? Nein, zumindest nicht in Spanien. Im Jahr 1999 fuhr der deutsche Dokumentarfilmer Dietmar Post auf dem Weg zum ersten Besuch seiner künftigen Schwiegereltern durch die karge Landschaft von La Mancha, als sein Blick auf ein Hinweisschild zum Dorf „Llanos del Caudillo“ (Ebene des Führers) fiel.

Kein Bruch mit der Diktatur

„Das hat sofort mein Interesse geweckt“, sagt er im Gespräch mit unserer Zeitung. Kurze Zeit später stattet er dem Ort einen ersten Besuch ab – und stellt fest, dass es sich dabei um eines von vielen Musterdörfern handelt, die während der Franco-Diktatur für verarmte Bauern errichtet wurden. Die Tatsache, dass der Ort trotz aller gegenläufigen Bemühungen heute noch immer seinen unrühmlichen Namen trägt, erklärt der Spanienexperte damit, dass die Menschen zwischen Bilbao und Cadiz viel verdrängt hätten. „Es hat keinen Bruch mit der Diktatur gegeben“, betont Post. Dem Warum auf die Spur zu kommen, das reizte den Regisseur und seine Partnerin Lucía Palacios. Das Duo hat bereits den Grimme-Preis für eine Dokumentation über die US-Proto-Punk-Gruppe The Monks erhalten. Und mit ihrem neuen Film „Die Siedler Francos“ wollen die beiden erneut ein unbekanntes Phänomen mit all seinen unterschiedlichen historischen Strängen „öffentlich aufdröseln“, wie Post erklärt.
Das sei alles andere als einfach gewesen, weiß der Dokumentarfilmer. Weder die spanischen Behörden noch die Bevölkerung des Dorfes seien sonderlich kooperativ gewesen. Zudem könne man „als Deutscher nicht den moralischen Zeigefinger erheben“, vielmehr müsse man die Aussagen derjenigen, die heute noch Francos Politik verteidigen, mit historischen Fakten „kontern“. So sei es gelungen, verschollen geglaubte Unterlagen ausfindig zu machen, die belegen, dass das autoritäre Regime seine Versprechungen gegenüber der Landbevölkerung nicht nur nicht eingehalten, sondern jene noch zusätzlich ökonomisch ausgebeutet habe. Der Film – laut Post eine „große Verteidigungsrede für die Demokratie“ – ist indes noch nicht fertiggestellt. Palacios und Post, deren Produktionsfirma den Namen „play loud!“ trägt, verhehlen finanzielle Probleme nicht. Da ihnen noch 50 000 Euro fehlen, haben sich die beiden zu einer sogenannten Crowdfunding-Kampagne entschlossen, sie wollen also die neue Möglichkeit des zuschauerfinanzierten Films nutzen.

Eine Diskussion anstoßen

Dass man Bürger zur Finanzierung ins Boot holen möchte, sieht Post auch als „Schrei nach Aufmerksamkeit, um eine demokratische Diskussion in Gang zu bringen“. Die Aktion sei zudem dazu gedacht, „um auf die nicht mehr tragbare Entwicklung des Förderwesens für Dokumentarfilme hinzuweisen“. Post beklagt, dass hierzulande eine „Bestrafung für Enthusiasmus und Vorleistung“ erfolge. Anders als in den USA werden in Deutschland keine Filme mehr gefördert, die kurz vor der Fertigstellung stehen. Da ist nun der Bürger gefragt.

Weitere Informationen zum Filmprojekt gibt es unter
www.playloud.org 
und
www.lanzanos.com/proyectos/loscolonosdelcaudillo/deu

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