Skug über Monks-Film und Tribut-Album
The Monks
Transatlantische Rückkopplungen
Mit ihrem in langjähriger Recherchearbeit zusammengestellten Dokumentarfilm »Monks – The Transatlantic Feedback« haben die Filmemacher Dietmar Post und Lucia Palacios (beide waren zuvor u.a. schon bei »The Nomi Song« beteiligt) eine Band, die vor 40 Jahren eine einzige LP herausgebracht hat, wieder ins Rampenlicht geholt. Die Rede ist von den Monks, die mit ihrer Musik gleichsam im Alleingang den Sixties-Beat überwanden und dabei ohne psychedelische Umwege von heute aus gesehen (obwohl damals über Deutschland nicht hinausgekommen) sowohl Punk wie auch Techno vorwegnahmen.
VON DIDI NEIDHART
Fuck Beat! Let’s Make Art!
Pop als Kunst. Die Band als Kader mit eisernem Verhaltenskodex (»In public, openly you have to be always a monk, always be dressed black, short hair, always move like a monk, hard, sexy, exciting, full speed, strong and dangerous.«). Beat als Konzept, als »Über-Beat«. 1966, ein paar Monate bevor Andy Warhol und The Velvet Underground zusammentrafen, als »Gesamtkunstwerk« von den Design-Studenten Karl Remy und Walter Niemann (Ulm bzw. Essen) aus dem Fundus von Bauhaus, Fluxus, Dada zusammengebastelt wurde. Kein Wunder, dass Bands wie FSK (von denen auch der Filmtitel entliehen ist), The Fall oder die Goldenen Zitronen schon seit den mittleren 1980ern zu den ersten Monks-Wiederentdeckern gehörten.
Robotermusik & elektrischer Banjo-Beat
Was bei diesem Beat-Alien auch nicht verwundert. Nicht nur, weil sich diese Band aus in Deutschland (Hessen) stationierten G.I.s genau zu einer Zeit, als die Haare länger wurden Mönchstonsuren als Frisuren schneiden ließ (auch wenn die Ergebnisse nicht selten wie skalpiert aussahen) und dazu in schwarzen Anzügen mit Henkersstricken um den Hals auftrat.
Sie sangen auch noch – mit elektrisch verstärktem Banjo (als Schlagzeug-Ergänzung bzw. »elektrische Snare«), dem wohl ersten bewusst verzerrten Bass, einem radikal in den Vordergrund gemischten Schlagzeug ohne Becken (dafür viele Schellen und Tamburins) und ultra verfuzzten Gitarren (alles auf Grundlage hypnotischer Polka-Beat-Rhythmen die wie Gospel-Beats nach dem Stromschlag klangen) – dadaistisch angelegte Songs gegen den Vietnamkrieg.
Als die »Bild-Zeitung« 1966 diese metallische Intensitätsmusik »Robotermusik« nannte, lag sie dann auch ganz richtig. Lässt sich doch aus der rhythmisch-motorischen Monks-DNS ebenso eine Linie zu den Stooges ziehen wie Bastardkreuzungen aus den Velvet Underground und Kraftwerk oder den Sonics und Can konstruieren.
Allein ihr irritierender Auftritt beim »Beatclub«, wo sie mit ihrer stampfenden Free-Jam »Monk Chant« u.a. Fausts Jochen Immler als Jugendlichen für immer prägten, zeigte eine visionäre Kraft, deren späteres Scheitern gleichsam mitschwingt. Getrieben nur von Drums und Orgel dreschen die restlichen Monks mit jeweils zwei Riesen-Tamburins alles in Grund und Boden und versammeln sich schließlich vor einer am Boden liegenden Gitarre, der sie gleichsam als zärtliches Kollektiv Feedback-Töne entlocken (der Legende nach soll sich Jimi Hendrix bei einem gemeinsamen Gig von den Monks ein paar Tipps in Sachen kontrolliertem Feedback geholt haben). Die zweite, nie realisierte, Monks-LP sollte dann gleich aus nur einem, über zwei Seiten gehenden Stück mit einem durchgehenden Beat bestehen. Eine Ahnung davon gibt es jetzt zumindest mit der für Charles Wilps legendären »Afri-Cola-Spot« gedachten Einspielung, die jetzt auf »Silver Monk Time« mit ungläubigen Ohren nachhörbar ist.
Anti-Beat-Lyrik
Aber auch das Cover (vor allem die Liner-Notes auf der Rückseite) ihres in Schwarz gehaltenen 1966er Debüts »Black Monk Time« hatte es in sich! »Sonnenraster zittern im System. Lesen Sie weiter! It’s Monk-Time – it’s Hop-Time. Nicht lesen! Lesen sie noch nicht! Lassen Sie Saphire in die Rillen gleiten. Was ist Beat? Was ist Beat heute? Und was ist Über-Beat? Und wer schmilzt die verdammt heiß-kalte Welt von Morgen?« Das ist Brinkmann-Beat plus voraus gegriffene Bernward-Vesper-Cut-Up-Psychedelic und erinnert auch schon an Kodwo Eshun über Drecxciya! Kurz: Asphalt- und Astral-Straßen-Poetik. Unübertroffen bis heute und konsequenterweise u.a. von FSK bei ihrer 1985er Peel Session »Last Orders« weitergeführt.
Avant-Pop Now!
Hier meinte es jemand ernst mit einer creatio ex nihilo! Was in guter Avantgarde-Tradition auch in einem Manifest niedergeschrieben wurde: »Der Beat ist tot! Es lebe der Hop! Wir haben keine Vorbilder! In Mönchskutten gegen den Großmutterstil der Beatles!«Dementsprechend verkündete auch ihr damaliger Polydor-Producer Jimmy Bowien (der später mit Franz Josef Degenhardt in beinahe ähnlicher Radikalität gegen »Zwischentöne« vorging) zur primären Mission der Monks: »Die Rolling Stones sind barock, die Beatles für Großmütter, ihr, die MONKS, spielt die Musik der Zukunft!«Was verdammt an die – ebenfalls zwischen künstlerischen, konzeptionellen und kommerziellen Differenzen aufgeriebenen – Pläne von MC5 und deren Chefideologen John Sinclair (»Ihr wolltet größer sein als die Beatles und ich wollte, dass ihr größer werdet als Mao.«) erinnert.
Auch wenn die noch lebenden Mönche heutzutage live neben ihren »Über-Beat«-Hits mit eher simpel gestrickten Beat-Nummern sozusagen immer wieder kleine Verschnaufpausen einlegen, stellt ihre aktuelle Wiederentdeckung wohl einen der schönsten, spannendsten und faszinierendsten Blicke in den Rückspiegel der Popkultur des 20. Jahrhunderts dar.
KASTEN mit dunklerem Hintergrund:
»Monks – The Transatlantic Feedback« harrt bisher immer noch seiner Österreich-Premiere. Die Zeit bis dahin kann mit dem auf Initiative von Mark E. Smith entstandenen und schwer empfehlenswerten 2CD-Tribute-Sampler »Silver Monk Time« (playloud) verkürzt werden, wo unter dem Zeichen der Monks so einiges endlich zusammenkommt, das irgendwie eh schon immer zusammengehört hat. Etwa The Fall, FSK, Alec Empire, Faust, Die Goldenen Zitronen, Michaela Melián, Psychic TV, Gudrun Gut, S.Y.P.H., Silver Apples, Alan Vega, Mouse On Mars, Mense Reents, John Spencer, Jason Forrest ...
www.playloud.org
www.the-monks.com/
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