Vergessene Kultband von Dokfilmern wiederbelebt
Die Beatles sind was für Großmütter, die Rolling Stones gehören ins Museum! Mit dieser Ansage mischten The Monks 1965 den deutschen Musikmarkt auf. Fünf amerikanische GIs verkleidet als Mönche, gecastet von Werbern, sollten den Sound der Zukunft kreieren. Der Plan ging auf - doch die Band scheiterte. Von Benjamin Maack
Die Teenager schauen verunsichert in Richtung Bühne. Eigentlich sind sie hier, um sich zur Musik zu bewegen, um im "Beat Club", der ersten Musiksendung für Jugendliche im deutschen Fernsehen, ausgelassene Disco-Atmosphäre für die TV-Kameras zu verbreiten. Doch das Quintett, das da am 16. Juli 1966 aufspielt, ist anders als alles, was sie kennen.
Wie Hühner auf der Stange stehen die Musiker nebeneinander am Bühnenrand - selbst der Drummer, der bei normalen Bands im Hintergrund sein Instrument bedient. Und der Sänger, der damals in den meisten Musikgruppen der Star war? Steht hier rechts am Rand. So als wäre er kein bisschen bedeutender als die anderen, als wäre er nur ein Teil eines Kollektivs. Die Band trägt sogar eine Art Uniform: schwarze Hemden und Hosen, statt einer Krawatte trägt jeder der Musiker einen Strick um den Hals, statt langen Haaren oder einem Beatles-Pilzkopf ziert ihre Häupter eine Mönchstonsur.
Beinahe noch bizarrer als ihr Aufzug ist der Sound der Band, die sich die Monks nennt. Ihre Kompositionen sind widerspenstig und treibend zugleich, monoton, oft ohne Refrain oder Strophe. In den Songs bilden ein mitunter verzerrter Bass, ein rumpelndes Schlagzeug und das vermutlich erste elektrisch verstärkte Banjo der Rockgeschichte eine stampfende Einheit, während eine nervöse Gitarre und eine Hammond-Orgel immer wieder kreischend in die Rythmen sägen.
Als dann auch noch der Gitarrist sein Instrument auf den Boden legt, werden die jungen "Beat Club"-Vortänzer Zeuge eines erstaunlichen Rituals. Drei der Bandmitglieder knien sich verschwörerisch um die E-Gitarre und beginnen, behutsam die Saiten mit den Fingern zu bearbeiten. Sie benutzen sie wie einen Synthesizer, erzeugen ein Sperrfeuer von Störgeräuschen, ein gemeinschaftliches Gitarrensolo, wie es bis dato noch kein Popmusik-Kenner gehört hatte. Schließlich ist der Synthesizer erst wenige Jahre zuvor erfunden worden. Die Popmusik erobert er erst 1969, als Gershon Kingsley den quirligen Pop-Hit "Popcorn" schreibt und die Beatles einen Moog-Synthesizer in ihrem Song "Here Comes The Sun" verwenden.
Die Monks sind ihrer Zeit in vielfacher Hinsicht voraus. An diesem Nachmittag bei der Fernsehaufzeichnung im Studio 3 von Radio Bremen kapieren jedoch vermutlich nur zwei Menschen ganz, was da auf der Bühne geschieht. Die Bandmitglieder der Monks gehören nicht dazu.
Die Popmusik der Zukunft
Ein Jahr zuvor: Karl-H. Remy und Walther Niemann, zwei Chefkreative der großen Stuttgarter Werbeagentur Bläse, haben eine verwegene Idee. Sie wollen eine Band erschaffen. Jedoch keine Beat-Boygroup wie die Rattles, die Monkees oder die Lords, die noch schnell auf den Beatles-Zug aufgesprungen sind, um abzukassieren - dazu sind die beiden zu schlau, haben zu viel Spaß an Subversion. Sie wollen nicht weniger als die Popmusik der Zukunft erfinden.
Der Monks-Dokumentar Dietmar Post, der gemeinsam mit Lucía Palacios den Film "Monks - The Transatlantic Feedback" (2006) drehte, skizziert die beiden als Musikintellektuelle im Spannungsfeld zwischen Pop und Kunst: In beiden Welten kannten sie sich hervorragend aus, besuchten ständig Konzerte. "Herr Niemann war regelmäßig beruflich in London", erklärt Post. "Dort sah er einige der einflussreichsten und radikalsten Rockbands ihrer Zeit - die Yardbirds, die Small Faces, die Pretty Things." Gleichzeitig aber hätten die beiden Kreativen eine Leidenschaft für experimentelle Musik gehabt. Etwa für den Pianisten Nam June Paik, dessen Kompositionen mitunter die vollkommene Zerstörung seines Instruments einschlossen. Oder für John Cage, der seinem Klavier unirdische Klänge entlockte, indem er die Saiten mit Gegenständen präparierte.
1965 beschließen sie also, eine Musikgruppe nach ihren eigenen künstlerischen Idealen zu erschaffen - auf einem Konzert in Stuttgart finden sie die Band dazu. Sie heißt The 5 Torquays und besteht aus fünf Ex-GIs, die nach ihrem Armeedienst in Deutschland eine Band gegründet haben. Die Jungs sind Anfang 20 und wollen noch ein wenig Spaß haben, bevor in den USA der Ernst des Lebens beginnt. Sie touren durch die Republik, spielen in kleinen Kneipen und Tanzlokalen und treten manchmal in Nachthemden auf. Mit großem Talent covern sie Hits von Bands wie den Kinks, den Beatles, den Rolling Stones oder den Beach Boys. Es gibt auch einige selbstgeschriebene Kompositionen. In Eigenregie haben sie eine Single aufgenommen - der große Durchbruch ist jedoch nicht in Sicht.
"Krach, Krach und keine Melodie"
Als die Verkaufsprofis Niemann und Remy die Band unter ihre Fittiche nehmen, kommt der Karriereturbo: "Im Juni lernten sie sich kennen, im September waren sie bereits im Studio und nahmen zehn Demo-Songs auf. Im Oktober hatten sie einen Plattenvertrag bei dem großen Label Polydor und im Januar gingen die ehemaligen Torquays schon als komplett neue Band auf Tour", fasst Dietmar Post den rasanten Aufstieg der Musiker zusammen.
Die Transformation von der Spaß-Combo zur Avantgardeband geht nicht ganz ohne Irritationen an den Musikern vorbei. "Die meiste Anstrengung kostete es, die Songs zu dekonstruieren", erzählt der Monks-Bassist Eddie Shaw 30 Jahre später in einem Interview für Posts Dokumentation. "Wir haben acht Akkorde. Können wir daraus zwei machen? Oder vielleicht nur einen? Und wie viele Wörter haben wir in der Strophe? 15? Können wir daraus drei machen?" In diesem Prozess wird die Beatmusik, die die Band vorher gespielt hat, ganz und gar dem minimalistischen Konzept von Remy und Niemann unterworfen.
"Bei den ersten Proben waren wir alle skeptisch", erinnert sich Monks-Gitarrist Dave Day. "Das war nicht Elvis. Das war nichts, was die Stones spielen würden. Also was war das?" "Die Musik der Zukunft", erklären ihnen ihre beiden Manager großspurig.
Die Presse ist da anderer Meinung: "Die Monks machen 'Musik mit der Axt'", "Krach, Krach und keine Melodie" oder "Der neue Beat ist brutal" titeln die Zeitungen. Den Managern kann das nur recht sein. Sie lancieren ihre Band als Anti-Beatles. Die Pressemitteilung ist eine Kampfschrift gegen die Rockmusik der Zeit: "Die Beatles sind was für Großmütter und die Rolling Stones sind so barock, dass man sie einrahmen sollte", steht darin. "Statt 'I wanna hold your hand' zu singen", erinnert sich Gary Burger, "sangen wir 'I hate you - but call me."
Gefeiert und gehasst
Zudem hat das Werberduo den Monks harte Regeln für ihr Image ausgeheckt. Die Gesetze für das Monk-Dasein werden als Kopie an die Bandmitglieder verteilt. Nicht nur auf der Bühne, sondern auch in der Öffentlichkeit sollen die fünf Freunde stets ihre schwarze Kluft inklusive Strick um den Hals tragen. Zudem gilt es immer "hart, sexy, stark, aufregend, auf Hochtouren und gefährlich" aufzutreten. Vor allem aber sollen sie "niemals ein Torquay sein".
Ausbaden müssen das die fünf Ex-GIs, die eigentlich nur ein paar spaßige Monate in Deutschland verbringen wollen. Sie leben nun ein Leben, das sich jemand anders ausgedacht hat, spielen Musik, die sie zwar mitkomponiert haben - aber nach den Ideen von Remy und Niemann. Bei ihrem ersten Engagement im Top Ten Club in der damaligen Popmusikhauptstadt Hamburg, werden sie einen Monat lang Abend für Abend für ihren neuen Musikstil gefeiert wie Stars. In den Gaststätten in Kleinstädten wie Mölln, Euskirchen oder Schweinfurth sieht das schon anders aus.
Die Abende geraten zur Ochsentour. Die meisten Zuschauer sind einfach nur genervt von den eintönigen Kompositionen. Sie hassen die Monks - und langsam hassen die fünf Musiker es, die Monks zu sein. Das strikte Konzept wird zum Korsett, das ihnen die Luft zum Atmen nimmt. "Wir wollten T-Shirts tragen, lange Haare und weiße Schuhe", erinnert sich Gary Burger.
So endet die Karriere, bevor sie richtig begonnen hat: 1967 sollen die Monks am Frankfurter Flughafen zu einer einjährigen Asien-Tour aufbrechen - einer ist nicht da. Statt sich mit den anderen zu treffen, nimmt der Drummer Roger Johnston einfach einen Flieger zurück in seine Heimat Texas. Er hat genug vom Leben als Monk. Die Band ist Geschichte - aber noch längst keine Musikgeschichte. "Zu Hause hat keiner von uns von den Monks erzählt", sagt Gary Burger in der Dokumentation, "wir dachten alle: Das glaubt uns sowieso keiner."
Vorreiter für Techno, Punk und Heavy Metal?
Dass sich heute trotzdem wieder Menschen an die fünf Amis mit den Mönchstonsuren erinnern, ist wohl vor allem dem Film "Monks - The Transatlantic Feedback" zu verdanken. Zwar wurde das einzige Album der Band "Black Monk Time", das nur in Deutschland erschienen ist, unter Musikfans bereits in den achtziger Jahren auf der ganzen Welt für Preise von 500 bis 1000 Dollar gehandelt. Und Starproduzent Rick Rubin und Henry Rollins brachten es 1997 mit mehr als 30 Jahren Verzögerung erstmals in den USA heraus. Doch erst die Arbeit der Dokumentarfilmer Post und Palacios sollte den Platz der Monks in der Pop-Geschichte zementieren.
Volle zehn Jahre arbeiteten sie an ihrem Bewegtbilddenkmal, machten dabei sogar die beiden Erfinder Remy und Niemann ausfindig. Beide wurden später international erfolgreiche Werbeleute. Zu ihrem Ausflug ins Musikgeschäft wollten die sich indessen nicht äußern. Erst nach vier Jahren intensiver Recherche, brachten die Filmemacher Walther Niemann zum Reden: "Wir haben ihm irgendwann einen Fragenkatalog mit hundert Fragen geschickt", sagt Post. "Am nächsten Tag rief er an und sagte: 'Herr Post, Sie sind ja wahnsinnig.'" Doch nun war er bereit, Rede und Antwort zu stehen.
Heute gelten die Monks als vieles: Manche nennen sie die erste Konzeptkunstband und damit Vorreiter von Gruppen wie Can, Kraftwerk, die Krautrocker Faust und den Residents. Andere sagen, sie hätten mit ihren wütenden Songs Punk und Heavy Metal vorweggenommen. Wieder andere behaupten, ihre monotonen Kompositionen hätten Techno und die Clubmusik von heute erst ermöglicht.
Die Bandmitglieder selber sehen ihre Rolle als visionäre Art-Rocker nüchterner: "Wir waren einfach zu normal", resümiert Bassist Eddie Shaw die Monks-Zeit. "Man kann sich ein Image wie das der Monks nicht überziehen, man muss es leben. Eine Weile haben wir uns darin wohl gefühlt. Aber nach einer gewissen Zeit wollten wir es nicht mehr. Es war zu viel Ballast."
Zum Weitersehen:
Dietmar Post und Lucía Palacios: "Monks - The Transatatlantic Feedback".
Die DVD erhalten Sie im Shop von "play loud! Productions".
Wie Hühner auf der Stange stehen die Musiker nebeneinander am Bühnenrand - selbst der Drummer, der bei normalen Bands im Hintergrund sein Instrument bedient. Und der Sänger, der damals in den meisten Musikgruppen der Star war? Steht hier rechts am Rand. So als wäre er kein bisschen bedeutender als die anderen, als wäre er nur ein Teil eines Kollektivs. Die Band trägt sogar eine Art Uniform: schwarze Hemden und Hosen, statt einer Krawatte trägt jeder der Musiker einen Strick um den Hals, statt langen Haaren oder einem Beatles-Pilzkopf ziert ihre Häupter eine Mönchstonsur.
Beinahe noch bizarrer als ihr Aufzug ist der Sound der Band, die sich die Monks nennt. Ihre Kompositionen sind widerspenstig und treibend zugleich, monoton, oft ohne Refrain oder Strophe. In den Songs bilden ein mitunter verzerrter Bass, ein rumpelndes Schlagzeug und das vermutlich erste elektrisch verstärkte Banjo der Rockgeschichte eine stampfende Einheit, während eine nervöse Gitarre und eine Hammond-Orgel immer wieder kreischend in die Rythmen sägen.
Als dann auch noch der Gitarrist sein Instrument auf den Boden legt, werden die jungen "Beat Club"-Vortänzer Zeuge eines erstaunlichen Rituals. Drei der Bandmitglieder knien sich verschwörerisch um die E-Gitarre und beginnen, behutsam die Saiten mit den Fingern zu bearbeiten. Sie benutzen sie wie einen Synthesizer, erzeugen ein Sperrfeuer von Störgeräuschen, ein gemeinschaftliches Gitarrensolo, wie es bis dato noch kein Popmusik-Kenner gehört hatte. Schließlich ist der Synthesizer erst wenige Jahre zuvor erfunden worden. Die Popmusik erobert er erst 1969, als Gershon Kingsley den quirligen Pop-Hit "Popcorn" schreibt und die Beatles einen Moog-Synthesizer in ihrem Song "Here Comes The Sun" verwenden.
Die Monks sind ihrer Zeit in vielfacher Hinsicht voraus. An diesem Nachmittag bei der Fernsehaufzeichnung im Studio 3 von Radio Bremen kapieren jedoch vermutlich nur zwei Menschen ganz, was da auf der Bühne geschieht. Die Bandmitglieder der Monks gehören nicht dazu.
Die Popmusik der Zukunft
Ein Jahr zuvor: Karl-H. Remy und Walther Niemann, zwei Chefkreative der großen Stuttgarter Werbeagentur Bläse, haben eine verwegene Idee. Sie wollen eine Band erschaffen. Jedoch keine Beat-Boygroup wie die Rattles, die Monkees oder die Lords, die noch schnell auf den Beatles-Zug aufgesprungen sind, um abzukassieren - dazu sind die beiden zu schlau, haben zu viel Spaß an Subversion. Sie wollen nicht weniger als die Popmusik der Zukunft erfinden.
Der Monks-Dokumentar Dietmar Post, der gemeinsam mit Lucía Palacios den Film "Monks - The Transatlantic Feedback" (2006) drehte, skizziert die beiden als Musikintellektuelle im Spannungsfeld zwischen Pop und Kunst: In beiden Welten kannten sie sich hervorragend aus, besuchten ständig Konzerte. "Herr Niemann war regelmäßig beruflich in London", erklärt Post. "Dort sah er einige der einflussreichsten und radikalsten Rockbands ihrer Zeit - die Yardbirds, die Small Faces, die Pretty Things." Gleichzeitig aber hätten die beiden Kreativen eine Leidenschaft für experimentelle Musik gehabt. Etwa für den Pianisten Nam June Paik, dessen Kompositionen mitunter die vollkommene Zerstörung seines Instruments einschlossen. Oder für John Cage, der seinem Klavier unirdische Klänge entlockte, indem er die Saiten mit Gegenständen präparierte.
1965 beschließen sie also, eine Musikgruppe nach ihren eigenen künstlerischen Idealen zu erschaffen - auf einem Konzert in Stuttgart finden sie die Band dazu. Sie heißt The 5 Torquays und besteht aus fünf Ex-GIs, die nach ihrem Armeedienst in Deutschland eine Band gegründet haben. Die Jungs sind Anfang 20 und wollen noch ein wenig Spaß haben, bevor in den USA der Ernst des Lebens beginnt. Sie touren durch die Republik, spielen in kleinen Kneipen und Tanzlokalen und treten manchmal in Nachthemden auf. Mit großem Talent covern sie Hits von Bands wie den Kinks, den Beatles, den Rolling Stones oder den Beach Boys. Es gibt auch einige selbstgeschriebene Kompositionen. In Eigenregie haben sie eine Single aufgenommen - der große Durchbruch ist jedoch nicht in Sicht.
"Krach, Krach und keine Melodie"
Als die Verkaufsprofis Niemann und Remy die Band unter ihre Fittiche nehmen, kommt der Karriereturbo: "Im Juni lernten sie sich kennen, im September waren sie bereits im Studio und nahmen zehn Demo-Songs auf. Im Oktober hatten sie einen Plattenvertrag bei dem großen Label Polydor und im Januar gingen die ehemaligen Torquays schon als komplett neue Band auf Tour", fasst Dietmar Post den rasanten Aufstieg der Musiker zusammen.
Die Transformation von der Spaß-Combo zur Avantgardeband geht nicht ganz ohne Irritationen an den Musikern vorbei. "Die meiste Anstrengung kostete es, die Songs zu dekonstruieren", erzählt der Monks-Bassist Eddie Shaw 30 Jahre später in einem Interview für Posts Dokumentation. "Wir haben acht Akkorde. Können wir daraus zwei machen? Oder vielleicht nur einen? Und wie viele Wörter haben wir in der Strophe? 15? Können wir daraus drei machen?" In diesem Prozess wird die Beatmusik, die die Band vorher gespielt hat, ganz und gar dem minimalistischen Konzept von Remy und Niemann unterworfen.
"Bei den ersten Proben waren wir alle skeptisch", erinnert sich Monks-Gitarrist Dave Day. "Das war nicht Elvis. Das war nichts, was die Stones spielen würden. Also was war das?" "Die Musik der Zukunft", erklären ihnen ihre beiden Manager großspurig.
Die Presse ist da anderer Meinung: "Die Monks machen 'Musik mit der Axt'", "Krach, Krach und keine Melodie" oder "Der neue Beat ist brutal" titeln die Zeitungen. Den Managern kann das nur recht sein. Sie lancieren ihre Band als Anti-Beatles. Die Pressemitteilung ist eine Kampfschrift gegen die Rockmusik der Zeit: "Die Beatles sind was für Großmütter und die Rolling Stones sind so barock, dass man sie einrahmen sollte", steht darin. "Statt 'I wanna hold your hand' zu singen", erinnert sich Gary Burger, "sangen wir 'I hate you - but call me."
Gefeiert und gehasst
Zudem hat das Werberduo den Monks harte Regeln für ihr Image ausgeheckt. Die Gesetze für das Monk-Dasein werden als Kopie an die Bandmitglieder verteilt. Nicht nur auf der Bühne, sondern auch in der Öffentlichkeit sollen die fünf Freunde stets ihre schwarze Kluft inklusive Strick um den Hals tragen. Zudem gilt es immer "hart, sexy, stark, aufregend, auf Hochtouren und gefährlich" aufzutreten. Vor allem aber sollen sie "niemals ein Torquay sein".
Ausbaden müssen das die fünf Ex-GIs, die eigentlich nur ein paar spaßige Monate in Deutschland verbringen wollen. Sie leben nun ein Leben, das sich jemand anders ausgedacht hat, spielen Musik, die sie zwar mitkomponiert haben - aber nach den Ideen von Remy und Niemann. Bei ihrem ersten Engagement im Top Ten Club in der damaligen Popmusikhauptstadt Hamburg, werden sie einen Monat lang Abend für Abend für ihren neuen Musikstil gefeiert wie Stars. In den Gaststätten in Kleinstädten wie Mölln, Euskirchen oder Schweinfurth sieht das schon anders aus.
Die Abende geraten zur Ochsentour. Die meisten Zuschauer sind einfach nur genervt von den eintönigen Kompositionen. Sie hassen die Monks - und langsam hassen die fünf Musiker es, die Monks zu sein. Das strikte Konzept wird zum Korsett, das ihnen die Luft zum Atmen nimmt. "Wir wollten T-Shirts tragen, lange Haare und weiße Schuhe", erinnert sich Gary Burger.
So endet die Karriere, bevor sie richtig begonnen hat: 1967 sollen die Monks am Frankfurter Flughafen zu einer einjährigen Asien-Tour aufbrechen - einer ist nicht da. Statt sich mit den anderen zu treffen, nimmt der Drummer Roger Johnston einfach einen Flieger zurück in seine Heimat Texas. Er hat genug vom Leben als Monk. Die Band ist Geschichte - aber noch längst keine Musikgeschichte. "Zu Hause hat keiner von uns von den Monks erzählt", sagt Gary Burger in der Dokumentation, "wir dachten alle: Das glaubt uns sowieso keiner."
Vorreiter für Techno, Punk und Heavy Metal?
Dass sich heute trotzdem wieder Menschen an die fünf Amis mit den Mönchstonsuren erinnern, ist wohl vor allem dem Film "Monks - The Transatlantic Feedback" zu verdanken. Zwar wurde das einzige Album der Band "Black Monk Time", das nur in Deutschland erschienen ist, unter Musikfans bereits in den achtziger Jahren auf der ganzen Welt für Preise von 500 bis 1000 Dollar gehandelt. Und Starproduzent Rick Rubin und Henry Rollins brachten es 1997 mit mehr als 30 Jahren Verzögerung erstmals in den USA heraus. Doch erst die Arbeit der Dokumentarfilmer Post und Palacios sollte den Platz der Monks in der Pop-Geschichte zementieren.
Volle zehn Jahre arbeiteten sie an ihrem Bewegtbilddenkmal, machten dabei sogar die beiden Erfinder Remy und Niemann ausfindig. Beide wurden später international erfolgreiche Werbeleute. Zu ihrem Ausflug ins Musikgeschäft wollten die sich indessen nicht äußern. Erst nach vier Jahren intensiver Recherche, brachten die Filmemacher Walther Niemann zum Reden: "Wir haben ihm irgendwann einen Fragenkatalog mit hundert Fragen geschickt", sagt Post. "Am nächsten Tag rief er an und sagte: 'Herr Post, Sie sind ja wahnsinnig.'" Doch nun war er bereit, Rede und Antwort zu stehen.
Heute gelten die Monks als vieles: Manche nennen sie die erste Konzeptkunstband und damit Vorreiter von Gruppen wie Can, Kraftwerk, die Krautrocker Faust und den Residents. Andere sagen, sie hätten mit ihren wütenden Songs Punk und Heavy Metal vorweggenommen. Wieder andere behaupten, ihre monotonen Kompositionen hätten Techno und die Clubmusik von heute erst ermöglicht.
Die Bandmitglieder selber sehen ihre Rolle als visionäre Art-Rocker nüchterner: "Wir waren einfach zu normal", resümiert Bassist Eddie Shaw die Monks-Zeit. "Man kann sich ein Image wie das der Monks nicht überziehen, man muss es leben. Eine Weile haben wir uns darin wohl gefühlt. Aber nach einer gewissen Zeit wollten wir es nicht mehr. Es war zu viel Ballast."
Zum Weitersehen:
Dietmar Post und Lucía Palacios: "Monks - The Transatatlantic Feedback".
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Der Spiegel über Monks-Dokumentarfilm
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