Tonsure yourself

Text: Frank Apunkt Schneider | 21.07.2011
monks.jpgDie Monks als transatlantische Feedbackschlaufe 
Velvet Underground sind als einflussreichste Band der Welt abgewirtschaftet, seitdem jede blöde Indieband sich straffrei auf sie berufen darf. Amtsnachfolgerin wird wohl eine bis vor kurzem eher unterirdisch wirksame, demnächst aber offiziell eingesegnete Band: die Monks. Bei ihnen gibt es noch mehr, noch früher, noch erschütternder: Industrial, (Post-)Punk, Techno und (muss ja auch sein) Heavy Metal. Es besteht also allgemeine Hype-Pflicht. Warum der Hype zur Abwechslung mal gerechtfertigt ist, erklärt geduldig und zum Mitschreiben diese DVD. Sie zeigt, dass die Monks keine plötzlich hereinbrechende Naturgewalt waren (als die miese Rockschreibe große Bands gerne hätte), sondern das Ergebnis unwahrscheinlicher, doch folgerichtiger Zusammentreffen. Dass das so nur in Deutschland stattfinden konnte, wie es oft heißt, bezweifle ich, schon weil’s dem postfaschistischen Crossover von der »deutschen Popidentität« zu gut in den Kram passt. Jedenfalls waren die Monks eine Konstruktion. Erst der Einfluss ihrer Manager Karl-H. Remy und Walther Niemann brachte sie in eine Form, die rockistischen Spieltrieb und Selbstverwirklichung-qua-Band überwinden konnte. Beide entstammten der um 1964 produktiven Welt von Werbung, Design und Kunsthochschule. Sie schnappten sich eine talentierte Beatkapelle von in Deutschland hängengebliebenen G.I.’s und transponierten sie in die Monks, die ihre Vorstellung von einem Pop verkörpern sollten, der die Versprechungen der von den Nazis abgewürgten europäischen Moderne einlöste: Minimalismus, von jeglicher Sentimentalität entbeinter Rhythmus, Negation (die »Anti-Beatles«) und das Ja zur modernen Welt. Der ästhetische Quantensprung der Monks (als Band, als Sound, als Idee) war trotzdem mehr als die bloße Materialisierung dieses Kalküls. Das transatlantische Feedback von alter Avantgarde und neuem Pop, die Deterritorialisierung, funktionierte nach beiden Seiten. Denn natürlich dekonstruierte die Band auch die Ideenwelt des Managements, indem sie sie mit Rock’n’Roll rückkoppelte. Diesen Prozess gegenseitiger Vereinnahmung erzählt »MONKS« als eine Reihe historisch unausweichlicher Zufälle, deren Bedeutung sich erst heute ganz erschließt, wo Monks-affizierte Popavantgarde-Celebrities wie Hans Joachim Irmler, Charles Wilp und Genesis P. Orridge vors Objektiv bugsiert werden können. 

Dietmar Post/Lucía Palacios: »MONKS. The Transatlantic Feedback« (2009, play loud! Productions/SPV)


Skug bespricht Monks-DVD

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